Mitgliederversammlung am 04.11.2014 - TTIP-Resolution

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MV 04.11.2014

Klares Votum gegen TTIP & Co
Natürlich wurden in der Mitgliederversammlung im November 2014 – wie in jeder MV – intensiv Degerlocher und Stuttgarter Themen diskutiert, und zwar auf der Basis der Berichte von Klaus Kadner aus dem Bezirksbeirat, von Maria Hackl aus dem Gemeinderat und von Jürgen Schmid und Ursula Wolf aus dem SPD-Kreisvorstand. 
Zeitlich und thematisch stand jedoch ein anderes Thema im Mittelpunkt: TTIP, TiSA und CETA. Als kompetente Referentin hierfür hatte der Degerlocher Juso-Sprecher Colyn Heinze die stellvertretende Juso-Landesvorsitzende Anaick Geißel gewinnen können. Die gebürtige Stuttgarterin, die in Heidelberg studiert, hatte sich eingehend mit den politischen und ökonomischen Rahmenbedingen sowie mit dem Inhalt und dem Procedere der Verhandlungen über diese Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada einerseits sowie zwischen der EU und den USA andererseits auseinandergesetzt. Hintergrund sei das Ziel, noch bestehende Hemmnisse im Handel und bei Dienstleistungen zwischen diesen Staaten zu minimieren oder gänzlich abzuschaffen, z.B. durch die Abschaffung von Zöllen oder durch vergleichbare Standards von Produkten bei der Herstellung und beim Vertrieb. Dadurch, so die Befürworter, würden im Laufe der kommenden Jahrzehnte zusätzlich Arbeitsplätze geschaffen und es gebe einen erheblichen Wachstumsschub. 
Deutlich Kritik übte Anaick Geißel jedoch an dem Umstand, dass diese Verhandlungen quasi im Geheimen stattfinden, dass die eigentlich zuständigen Parlamente nicht einbezogen werden, sondern nur noch zustimmen dürfen. Als großes Problem sah sie auch die im Zuge dieser Abkommen geplante Einrichtung von Schiedsgerichten, die im Streitfall zwischen Staaten und Großunternehmen ebenfalls hinter verschlossenen Türen und außerhalb jeglicher rechtsstaatlicher Normen vermitteln sollen. 
Diesen Ausführungen schloss sich eine lebhafte Diskussion der zahlreich anwesenden Genossinnen und Genossen an. Helmut Doka verwies z.B. auf das ähnlich gelagerte NAFTA-Abkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko, das jedoch für den „Normalbürger“ in keiner Weise positive Effekte gehabt, sondern im Gegenteil zu einer Welle von weiteren Niedriglohnsektoren geführt habe. Zum Ende der Diskussion verabschiedete die Mitgliederversammlung einstimmig eine Resolution an den Kreisverband Stuttgart, den Landesverband und den Bundesvorstand der SPD, mit der diese aufgefordert werden, zu verhindern, dass die sozialdemokratischen Fraktionen im Europaparlament und im Bundestag TTIP, TiSA und CETA zustimmen.

Die Mitgliederversammlung des SPD OV Degerloch hat am 4.11.2014 folgenden Antrag 
an SPD Kreisverband Stuttgart, Landesverband Baden-Württemberg und Bundespartei 
einstimmig beschlossen:

SPD KDK Stuttgart und KVo Stuttgart, SPD LV BaWü sowie Bundesparteitag und PV der SPD mögen beschließen:

Die Fraktionen der SPE im Europa-Parlament und der SPD im Deutschen Bundestag werden aufgefordert, den geplanten Wirtschafts- bzw. Handelsabkommen TTIP, CETA und TiSA nicht zuzustimmen, egal in welcher Form sie zur Abstimmung vorgelegt oder beraten werden.

Begründung
Ungeachtet des bisher geheim gehaltenen Wortlauts der Abkommen im Einzelnen, ist festzustellen: Insgesamt dienen alle Abkommen dem Ziel, noch bestehende Hemmnisse eines global agierenden Turbokapitalismus bzw. Finanzkapitalismus abzubauen. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, kann festgestellt werden: Die kurzfristigen, v.a. aber die langfristigen Folgen für die bestehende politische, soziale und wirtschaftliche Verfassung der Bundesrepublik Deutschland wären fatal.

Über den Inhalt von TTIP & Co. wird nicht-öffentlich bzw. geheim verhandelt, es geht dabei fast ausschließlich um den Schutz von Investoren. Zentraler Bestandteil soll das künftige Recht von Wirtschaftsunternehmen sein, gegen Regierungen zu klagen, wenn sie sich durch staatliches Handeln in ihren Gewinnerwartungen benachteiligt fühlen. Dabei handelt es sich um Sonderklagerechte gegen Nationalstaaten unter Umgehung der ordentlichen Gerichtsbarkeit: „Hinter verschlossenen Türen" verhandelt ein Schiedsgericht, das aus je einem Vertreter der Kläger und der Staaten sowie einem von beiden zusätzlich bestellten Anwalt besteht und niemandem Rechenschaft schuldet. Das ist ein Hohn auf jedwedes rechtsstaatliche Empfinden, von sozialdemokratischen Grundüberzeugungen echter Demokratie ganz zu schweigen.

In der Folge solcher Klagen könnte nahezu automatisch eine Abwärtsspirale bei Umwelt-und Sozialstandards in Gang gesetzt werden. Auch Arbeitnehmerrechte können als Investitionshemmnis gesehen und abgebaut werden.

Wie das funktioniert, sieht man an den verheerenden Folgen der im Rahmen der „Agenda 2010" von der damaligen rot-grünen Bundesregierung beschlossenen und eigentlich „gut" gemeinten Maßnahmen zur Liberalisierung und Flexibilisierung des Arbeits- und Finanzmarktes: Niedriglöhne, Leiharbeit, Werkverträge, unbezahlte Praktika, Rentenabsenkung, Banken bzw. Finanzinvestoren, die ganze Staaten in Haftung nehmen oder sogar in den Ruin treiben, u.a.m., sind als Folge der Agenda 2010 heute Regel geworden.

Deshalb gilt: TTIP, CETA und TiSA widersprechen in ihrer Entstehung wie in ihren Auswirkungen diametral jeglichen Grundsätzen rechtsstaatlicher und sozialdemokratischer Politik. Daran ändern auch irgendwelche Nachbesserungen nichts. Sie sind deshalb grundsätzlich abzulehnen. 

 

 

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