Degerlochs Sozialdemokraten im Königreich Württemberg

1889 – vor nunmehr gut 120 Jahren – schlossen sich eine Reihe mutiger Degerlocher zusammen und gründen den Arbeiterverein Degerloch.

Zu dieser Zeit, in der noch die Sozialistengesetze Bismarcks galten, gehörte viel Mut und Aufopferung dazu, eine Bewegung zu gründen, die sich für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen einsetzte. „Galt es für die Herrschenden doch, den ‚gemeingefährlichen Umtrieben der Sozialdemokratie’ Einhalt zu gebieten.“

„Das damalige Degerloch war kein reiches Dorf. Die Bewohner lebten zu dieser Zeit größtenteils unter ärmlichen Bedingungen. Aus dieser Sciht ist es nur allzu verständlich, dass sich auch hier schon sehr bald Sozialdemokraten sammelten. Mit dem Fall der Sozialistengesetze erlebte die Sozialdemokratie auch in Degerloch einen Aufschwung. Dabei spielte auch die Verbundenheit und Mitwirkung in anderen Vereinen musischer und sportlicher Art eine wesentliche Rolle. Sozialdemokraten wirkten aktiv im Degerlocher Alltag mit.“

zitiert aus dem Geleitwort der Broschüre 100 Jahre Degerloch von Helmut Doka und Klaus-Dieter Kadner

1890: Das Ende der Verfolgung…
Zwar durfte sich die SPD, nach dem die Sozialistengesetze nicht verlängert wurden, wieder organisieren, allerdings konnte die Polizeibehörde die Versammlungen überwachen und „das württembergische Innenministerium verdeutlichte am 1.10.1890 in einem geheimen Schreiben den nachgeordneten Behörden, dass sie das auch gefälligst zu tun hätten. (…) Die württembergischen Behörden schikanierten die Mitglieder bei jeder Gelegenheit… „aber die Arbeiterbewegung ist längst da – auch in Degerloch“.

„Schon am 30.11.1990 – das Sozialistengesetz war gerade zwei Monate tot – beschloss die außerordentliche Mitgliederversammlung des Arbeitervereins, sich an die württembergische Landes-SPD anzuschließen und sich den Namen „Sozialdemokratischer Verein Degerloch“ zu geben.“

Die ersten Jahre der SPD in Degerloch zeigen einen bemerkenswert aktiven SPD-Ortsverein. So gab es bspw. 1892: 12 Vorstandssitzungen, 9 Monatsversammlungen, eine Generalversammlung, 2 öffentliche Veranstaltungen und die Maifeier, bei der Clara Zetkin die Festrede hielt.

„Neben der politischen Arbeit gab es sicher noch andere Gründe, die zum Wachsen der SPD beitrugen: Die Partei bot den Genossen und ihren Familien auch kulturelle und gesellschaftliche Ereignisse und Möglichkeiten, die für diese sonst schwer erreichbar gewesen wären.“ So gab es z.B. eine parteieigene Leihbibliothek „Wissen ist Macht!“ Es wurde auch ganz praktische Lebenshilfe für die Mitglieder geleistet. „Sie organisierte den gemeinsamen Kokseinkauf, um den Brennstoff zu verbilligen und organisierte Unterstützung von Streikenden“.

„Eines der Hauptkampfthemen war das Gemeindewahlrecht, das an das Bürgerrecht gebunden war; dies wiederum konnte nur gegen eine vom Gemeinderat festgesetzte Gebühr von 10 Mark erworben werden, was für arme Leute eine hohe Summe war (bei einem Tagesverdienst von 2 Mark).“ Daher hatten in Degerloch von rund 3500 Einwohnern nur ca. 300 Wahlrecht. „Von den (1891) ca. 80 Mitgliedernder SPD Degerloch besaßen nur 25 das Bürgerrecht.“

„Die Eingemeindung Degerlochs wurde vor allem von den ‚besseren Kreisen’ mit dem Hinweis auf die hohe Schuldenlast Degerlochs betrieben, am wenigsten von den Bauern und Arbeitern.“ „Im Zug der Eingemeindungsbestrebung wurde auch der Ortsverein Degerloch in den Kreisverein Stuttgart eingegliedert. Als jedoch kurz darauf ein lang dauernder Richtungskampf in der Stuttgarter Partei ausbrach, in dem der ‚linke’ Parteivorstand gegen den eher ‚rechten’ Landesvorstand stand, erklärte schließlich Degerloch 1915 seinen Austritt. (…) Mit dem Beginn der Weimarer Republik kehrten die Degerloch Sozialdemokraten in den Stuttgarter Kreisverband zurück.“

zitiert aus Beitrag von Alt-Stadtrat Helmut Doka in der Broschüre 100 Jahre Degerloch

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